Gesprächsbereit

Das Projekt ist abgeschlossen und ähnlich wird jetzt diesem Forum ergehen. Vielen Dank für den Gedankenaustausch! Er war spannend und anregend. Falls es das Bedürfnis nach weiterer Diskussion über die Inhalte des Projektes gibt, dann nutzt doch bitte unser Kontaktformular.

 

Es war einmal: Diskutieren bis die Fingerkuppen glühen und die Tastatur brennt zu Themen wie

• Bundeswehr und ihre Imagekampagne als links-soziales Kunstprojekt
• Hands off the T 34!
• Über die Schwierigkeit vor sich und dem restlichen Handarbeitskreis moralisch integer zu bleiben, wenn Du vorne glatt links strickst und hinten dann doch immer nur rechte Maschen dabei rauskommen

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Autor Thema:Nachfrage zum coloradio-Interview 2 Thema geschlossen


Jelena
Neuling
Beiträge: 1
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Beitrag Nachfrage zum coloradio-Interview 2
am 27.12.12, 15:32

mich interessiert weshalb ihr den eingestrickten panzer ausgerechnet am 13. februar präsentieren wollt. der 13. februar ist der jahrestag der bombardierung der stadt dresden, die einen notwendigen schritt auf dem weg zur zerschlagung des nationalsozialismus war. wozu also an diesem tag der ruf nach frieden gut sein soll erschliesst sich mir nicht. denn den Deutschen war nun mal nicht mit friedlichen Mitteln beizukommen - eine verteidigung mit kriegerischen mitteln also unumgänglich. was soll das also? weshalb konntet ihr euch keinen der anderen 365 tage auswählen? unklar und nicht nachvollziehbar ist eurer interesse und eure hinwendung zu den leid-, weil bombardierungsgeplagten dresdnerinnen. was ist daran neu und interessant? es ist ja nicht so dass diese personengruppe in den letzten jahrzehnten nicht schon ausreichend aufmerksamkeit erhalten hätte. bis eine historikerkommission das gegenteil bewiesen hat haben zeitzeug_innen jahrelang behauptet aus tieffliegern wäre auf flüchteten menschen geschossen wurden oder es wären phosphorbomben zum einsatz gekommen. alles erstunken und erlogen! und ihr glaubt also bei der generationsübergreifenden geschichtsstunde werden objektive fakten vermittelt? Oral history in Dresden hat sich ungezaehlte male als enorm faktenresistent gezeigt. Vor ihr ist ausdruecklich zu warnen.



Gast
Neuling
Beiträge: 2
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Beitrag Re: Nachfrage zum coloradio-Interview 2
am 31.12.12, 19:11

Liebe Jelena,

vielen Dank für deine Fragen und Warnungen. Viele deiner Überlegungen kann ich gut verstehen.
Zunächt ist es wichtig das Projekt "Attacke! Auf ins Geflecht" nicht allein als politisches Zeichen zum 13.Februar zu verstehen, sondern als ein soziokulturelles Projekt, das versucht Menschen aus verschiedenen Altersgruppen und gesellschaftlichen Schichten miteinander ins Gespräch zu bringen.
Das Projekt ist falsch verstanden, wenn es als alleinige Hinwendung zum Leid der deutschen Zivilbevölkerung gesehen wird. Dies soll explizit immer im Verhältnis zum Leid derer, die im Nationalsozialismus verfolgt und vernichtet wurden, stehen. Im Projekt soll das "Verstricktsein" jedes und jeder einzelnen in komplexe historische Zusammenhänge thematisiert werden.
Dabei geht es genau um solche Fragen, die Du ansprichst: inwiefern können wir uns als Deutsche überhaupt für Frieden einsetzten, wo doch Hitler schwer mit friedlichen Mitteln zu stoppen gewesen wäre?; wie kann man mit dem Leid der Opfer der Bombardierung umgehen, ohne dabei die Verantwortlichen für diesen Krieg zu vergessen?

Warum zum 13.Februar? Das Projekt versucht am 13.Februar eben nicht bei der Bombardierung Dresdens zu bleiben, sondern den Bogen zu schlagen zu übergeodneteren Fragen von Krieg und Frieden. Auch wenn oder gerade weil ich mit Dir darin übereinstimme, dass Hitler nur schwer mit friedlichen Mitteln zu stoppen gewesen wäre ist es wichtig, dass es in der Gegenwart und Zukunft nie wieder zu einer solchen Situation kommt, sondern diese früh genug erkannt werden.
Dafür braucht es eine Gesellschaft, die wach ist und gemeinsam aus der Vergangenheit lernen kann.



Gast
Neuling
Beiträge: 1
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Beitrag Re: Nachfrage zum coloradio-Interview 2
am 11.01.13, 00:25

Hallo Jelena,

der Ruf nach Frieden kann nur - um nicht als esoterischer Auspruch im Äther zu verhallen - in der Auseinandersetzung mit dem Thema Krieg passieren. Ich finde den 13.Februar durchaus geeignet für eine Auseinandersetzung mit der Thematik Krieg, da er wie kaum ein anderes Datum die Absurdität des Krieges aufzeigt.

Ich finde interessant, wie vor allem die Instrumentalisierung dieses Tages durch rechts und durch links unsere Meinungen gebildet haben. An diesem Tag wird nicht mehr das Thema Krieg besprochen, sondern politische Interessenkämpfe ausgetragen. Wie Teile der Rechten in ihrer Opferstilisierung den Tag nutzen, um ihr Gedankengut zu publizieren, verfallen Teile der Linken in ein ähnliches unreflektiertes Deutungsmuster. So degradieren sie sich mit einer 180°-Argumentation (Notwendigkeit der Zerstörung Dresden) zu Fürsprechern des Krieges.

Überliefert ist, dass selbst die Verantwortlichen die Notwendigkeit der Zerstörung Dresdens in Frage stellten[1]. Andere Quellen sprechen von einer militärischen Notwendigkeit. Auf diesen Grundlagen Dresden als unnötiges Opfer zu stilisieren, ist genauso kurzsichtig, wie Dresden als notwendiges Opfer zu bezeichnen.

Da man sich besonders an diesem Datum in einem Interpretationsbereich befindet, der mit noch so viel Faktenwissen und oral history zu keinem eindeutigen Schluss führen kann, ist er für eine Auseinandersetzung bezüglich Krieg und seiner Absurdität optimal geeignet. Auch hier finde ich das MHM als Partner des Projektes nicht unplausibel. Dieses Museum versucht keine Armee oder Ideologie zu glorifizieren, versucht den Krieg jeder Abstraktion zu entheben und ihn so "echt" wie möglich erfahrbar zu machen.

[1] http://www.nationalarchives.gov.uk/education/heroesvillains/g1/cs3/g1cs3s3a.htm



Kein-
Augenzeuge
Neuling
Beiträge: 1
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Beitrag Re: Nachfrage zum coloradio-Interview 2
am 11.01.13, 00:43

Eine Kommentar zum Thema oral history, jelena:

Mich würde interessieren, ob du dir während der Flucht vor einschlagenden Bomben noch die Zeit nehmen würdest, zu verifizieren, dass das Maschinengewehr auf dich aus dem 5.Stock eines Hochhauses und nicht aus einem Flugzeug schießt.

Das Problem ist nicht der Augenzeuge oder die oral history selber, sondern der Umgang mit ihr. So können Aussagen direkt im Gespräch in Frage gestellt werden, müssen die Aussagen mit Fakten verglichen werden. Diese Fragen zu stellen und Augenzeugen oder nahe Verwandte von Augenzeugen mit Fakten zu konfrontieren hättest du jeden Dienstag und Mittwoch ab 15.00 Uhr bei den Stricknachmittagen.

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