Gesprächsbereit

Das Projekt ist abgeschlossen und ähnlich wird jetzt diesem Forum ergehen. Vielen Dank für den Gedankenaustausch! Er war spannend und anregend. Falls es das Bedürfnis nach weiterer Diskussion über die Inhalte des Projektes gibt, dann nutzt doch bitte unser Kontaktformular.

 

Es war einmal: Diskutieren bis die Fingerkuppen glühen und die Tastatur brennt zu Themen wie

• Bundeswehr und ihre Imagekampagne als links-soziales Kunstprojekt
• Hands off the T 34!
• Über die Schwierigkeit vor sich und dem restlichen Handarbeitskreis moralisch integer zu bleiben, wenn Du vorne glatt links strickst und hinten dann doch immer nur rechte Maschen dabei rauskommen

Willkommen Gast 

Infos ein-/ausblenden

Willkommen Gast! Um Beiträge zu verfassen musst Du registriert sein.

Seiten: [1]
Autor Thema:Nachfrage zum coloradio-Interview Thema geschlossen


lissan
Neuling
Beiträge: 2
Permalink
Beitrag Nachfrage zum coloradio-Interview
am 13.12.12, 01:47

Was mir nicht klar ist: im Interview heißt es, ihr werdet dafür sorgen, dass der eingestrickte T-34 nicht wahrgenommen wird, als Verhüllung (im Sinn von: Kritik) der Alliierten, das eine Fehlinterpretation eurer Strickaktion nicht möglich sein wird.

Wie wollt ihr das denn ganz konkret bewerkstelligen? Wie soll das funktionieren? Der Plan würde mich tatsächlich interessieren, schließlich gibts ja ein paar Hürden bei der Umsetzung. Hürden der Größe: Blitzdingsen des Publikums fällt wegen technischer Schwierigkeiten aus.

Weil letztlich müsste es darauf hinauslaufen, wenn ihr mit der Verhüllung eines Symbols der Alliierten (der T-34 steht nicht ohne Grund am Sowjetischen Ehrenmal im Berliner Tiergarten) an einem Datum, das nur davon lebt einen deutschen Opfermythos in Stellung zu bringen, genau das Gegenteil zum Ausdruck bringen möchtet. Für meinen Geschmack ist die Konzeption gründlichst im Eimer, wenn sie davon ausgeht, den Gehalt eines Symbols mal eben ins Gegenteil zu verkehren. Das praktische Beispiel lieferte ja schon der von euch so gelobte Museumsdirektor Rogg, der eben ganz genau weiß, was der T-34 ist: "Symbol des Terrors - und der Befreiung" (was auch immer für einen Terror er hier meint, whrs. ist es besser, wenn ich es nicht genau weiß... nachzulesen hier: http://www.zeit.de/2012/43/Militaerhistorisches-Museum-Dresden). Er versteht den symbolischen Gehalt des T-34. Das hat auch erstmal wenig mit Fehldeutung zu tun. Fehldeutungen werden ja erst möglich, wenns ans Einstricken geht, sind also ein konzeptuelles Problem.



Gast
Neuling
Beiträge: 1
Permalink
Beitrag Re: Nachfrage zum coloradio-Interview
am 15.12.12, 19:22

Admin: Beitrag verschoben in Extra Thema (Link)



Gast
Neuling
Beiträge: 1
Permalink
Beitrag Re: Nachfrage zum coloradio-Interview
am 27.12.12, 15:27

Hallo lissan,

ich fühle mich mal trotzdem ich nicht eine der Organisatorinnen des Projektes bin angesprochen und möchte meine Sicht auf die Gefahr der Fehlinterpretation geben. Vielleicht entsteht ja so eine vielseitigere Diskussion...

Ich stimme dir zu, dass es für die Organisatorinnen reichlich schwierig werden wird Fehlinterpretation ihres Bildes zu verhindern. Allerdings bin ich darüber auch ein Stück weit froh.
Es ist meiner Meinung nach nicht die Aufgabe der Organisatorinnen ein wasserdichtes Deutungskonzept auszuarbeiten. Interessanter für eine denkende Gesellschaft finde ich Bilder die aus gewohnten Denkkorsetten ausbrechen und somit bestimmte Fragen immer wieder neu stellen. So werden Diskussionen angeregt um Antworten zu finden, die für die Gegenwart gelten. Dazu gehört es meiner Meinung auch, dass ein Projekt, welches sich mit Pazifismus beschäftigt, nicht mit der Befreiung 1945 Schluss macht, sondern "weiterdenken" möchte.

Mich würde interessieren, wie du das Problem von Fehlinterpretation verhindern würdest oder damit umgehen würdest.

Ich nehme beispielsweise am 13. Februar an der Blockade einer demokratisch legitimierten Demonstration teil, weil ich die Gesellschaft zwingen möchte, sich inhatlich mit der Thematik der Naziaufmärsche auseinanderzusetzen. Mir ist dabei allerdings bewusst, dass ich damit auch das Risiko eingehe, meine Teilnahme könnte als Verhinderung freier Meinungsäußerung interpretiert werden.



Gast
Neuling
Beiträge: 2
Permalink
Beitrag Re: Nachfrage zum coloradio-Interview
am 31.12.12, 20:48

Liebe Lissan,

vielen Dank für Deine Nachfrage. Durch den neuen Panzer ( http://geflechtsbereit.louisenkombinaht.de/2012/12/leopard-im-netz/) haben sich die Fragen um die
Fehlinterpretationen eines eingestrickten T34 zwar geklärt, trotzdem würde ich gerne darauf eingehen.
Das Spannende am Einstricken eines T34 war für mich gerade diese Ambivalenz zwischen Befreiung und Zerstörung. Einerseits steht der T34 zu Recht
am Ehrenmahl im Tiergarten, andererseits ist er aber auch nach dem 2.Weltkrieg im Einsatz und der meistprduzierteste Panzer der Welt. Ein Panzer
ist von Menschen geschaffen um zu zerstören, aber eben diese Zerstörung war von Seiten der Alliierten zur damaligen Zeit absolut notwendig.
Das Projekt soll für eine Zukunft stehen, in der ein gesellschaftliches Netz sich klar für ein friedliches Miteinander einsetzt.
Das Zeichen eines eingestrickten T34 hätte verschiedene Assoziationen geschaffen. Auch die kontextuelle Einbettung (Begleitprogramm zur
Verhüllung, Botschaften auf der Panzerhülle) können diese Bilder aber auch leiten. Den angebotenen Leopard haben wir trotzdem, auf Grund des
klaren Bezug zur Gegenwart gerne angenommen.



hourglass
Neuling
Beiträge: 3
Permalink
Beitrag Re: Nachfrage zum coloradio-Interview
am 5.01.13, 13:14

Eure "Fehlinterpretationen" im Bezug zum T-34 haben sich mitnichten geklärt. Wenn ihr denkt, dass ihr der Bundeswehr als Steigbügelhalter für einen vom Militär geführten "öffentlichen" Diskurs dienen müsst, dann setzt ihr euch nicht für ein "friedliches Miteinander" ein, sondern für einen positiven Bezug auf eine Armee, die sich als Nachfolgeorganisation der Wehrmacht bis heute nicht mit ihrer Geschichte auseinandergesetzt hat und in dieser Tradition Krieg, um mal den ehemaligen Bundespräsidenten Köhler in einem seiner wenigen hellen Momente zu zitieren, als legitimes Mittel zum Zweck sieht. Es ist traurig und bezeichnend, dass die Idee für den Leopard nicht in eurem eigenen "gesellschaftlichen Netz" heraus entstanden ist, sondern ausgerechnet von den Leuten kommen musste, die in der Neustadt mit massiven Plakatkampagnen und Finanzierungsangeboten seit Monaten versuchen, sich als Diskussionspartner in öffentliche Diskussionen zu verkaufen. Das ist alles, nur keine Auseinandersetzung in kritischer Distanz mit einer Institution, dessen Abschaffung die Forderung aus einer Reflexion mit der eigenen deutschen Geschichte heraus sein MUSS. Damals wie heute, Tucholsky hatte recht: Soldaten sind Mörder!



Administrator
Beiträge: 1
Permalink
Beitrag Re: Nachfrage zum coloradio-Interview
am 6.01.13, 13:34

Hallo Hourglass,

generell eine Anmerkung zur Art und Weise des geführten Diskurs: in der Diskussion um den Panzer sowie in der Kritik um die Kooperation mit der Bundeswehr fällt auf, wie gerne Menschen dazu neigen, ihre Wahrnehmung absolut zu setzen. Warnungen auszusprechen und auf die möglichen negativen Konsequenzen einer öffentlichen Aktion oder Entscheidung hinzuweisen
sowie eine subjektive Kritik anzufügen ist nicht nur völlig in Ordnung, sondern enorm wichtig für den Verlauf und Inhalt jedes Projekts und bestimmt auch unseres. Generelle Zuschreibungen zu formulieren und diese mit der Aura der Allgemeingültigkeit zu belegen, ist nicht nur ungerecht, sondern meistens auch noch falsch.
Keine Sorge also, lieber Hourglass, Deine Befürchtungen wir könnten als Steigbügelhalter der Bundeswehr wahrgenommen werden entsprechen nicht unseren Erfahrungen, die wir im Laufe der letzten Monate gesammelt haben. Wir haben allerdings bemerkt, dass unser Projekt Anstoß und Katalysator für viele Diskussionen um die Bundeswehr nicht nur innerhalb und außerhalb unseres Handarbeitskreises, sondern insbesondere in der Bundeswehr selbst ist. Unser Ziel ist nach wie vor die Abschaffung jeglicher institutionalisierter militärischer Gewalt - und zwar weltweit. Um dieses zu erreichen haben wir in dem Projekt einen Weg gewählt, der für die Bundeswehr und ihre Soldat_innen konfrontativ ist, aber weiterhin zum Gespräch und zur Auseinandersetzung einlädt. Der Bundeswehr die Forderung nach ihrer Auflösung zu präsentieren erscheint mir relativ erfolglos - das Wesen einer militärischen Einrichtung durch permanente zivilgesellschaftliche Aktionen zu ändern erscheint mir immerhin möglich.
Noch eine weitere kleine Anmerkung zu Deinem Beitrag: dieses Projekt befasst sich in erster Linie mit Dresden, seiner Bevölkerung und seinem Umgang mit dem Datum der Bombardierung. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit der Historie der Bundeswehr wird vielleicht Gegenstand eines anderen Projektes werden. Du bist herzlich gerne eingeladen uns dann mit Rat und Tat zur Seite zu stehen!



hourglass
Neuling
Beiträge: 3
Permalink
Beitrag Re: Nachfrage zum coloradio-Interview
am 7.01.13, 14:38

An welcher Stelle habe ich oder jemand anderes Warnungen ausgesprochen? Ich habe lediglich Kritik an der Zusammenarbeit mit einer Institution geübt, die meiner Meinung nach nichts demokratisches in sich trägt, wenn ihr da anderer Auffassung seid, dann ist das euer gutes Recht. In der Sozialarbeit heißt so etwas "akzeptierende Jugendarbeit", wurde aber schon in den 90er Jahren als Arbeitsansatz in meinen Augen zu Recht kritisiert.



Gast
Neuling
Beiträge: 1
Permalink
Beitrag Re: Nachfrage zum coloradio-Interview
am 9.01.13, 11:40

Du hast völlig Recht, das Militär ist keine demokratische Institution. Umso wichtiger finde ich, dass sie immer wieder mit demokratisch aufgestellten Initiativen oder Vereinen der Zivilgesellschaft konfrontiert wird, um nicht zuzulassen, dass sich das Militär zum gefürchteten "Staat im Staat" (weiter-)entwickelt. Dieser Entwicklung entgegen zu wirken ist meiner Meinung nach nicht nur eine staatliche Aufgaben, sondern eben auch eine gesellschaftliche. Sich in einer Kooperation nicht von den Logiken und Sachzwang-Argumentationen einer solchen Einrichtung fangen zu lassen, sondern immer wieder diese in Frage zu stellen, ist eine große Herausforderung. Diese ist übrigens besser zu bewältigen, wenn mann/frau durch Kritik und Austausch (wie z.B. in diesem Forum) immer wieder gezwungen wird, die eigene innere Position und äußere Darstellungsform in Bezug auf so eine Kooperation zu überprüfen. Insofern: herzlichen Dank für Deine und Eure Gedanken und Beiträge.

PS: die "Warnungen" beziehen sich auf eine Form der Kritik, die ich mir wünsche und die ich fair finde. In dem Sinne von: Eure Arbeit/Kooperation/Entscheidung könnte so und so verstanden werden. Und nicht: Eure Arbeit/Kooperation/Entscheidung bedeutet das und das.



hourglass
Neuling
Beiträge: 3
Permalink
Beitrag Re: Nachfrage zum coloradio-Interview
am 10.01.13, 17:36

Eine Kooperation ist keine Konfrontation und erst recht keine "Herausforderung". Die Bundeswehr hat aus vollkommen nachvollziehbaren Gründen das Anliegen, sich in einen Dialog mit der Zivilgesellschaft zu begeben. Dies hat jedoch mit eurem ursprünglich sehr unterstützenswerten Anliegen, einen generationsübergreifenden Dialog zu forcieren, nur sehr begrenzt etwas zu tun. Gäbe es diese für mich auch kaum nachvollziehbare Zusammenarbeit nicht, müsste sich auch niemand mit diesem Thema auseinandersetzen. Also, Strickerinnen bleibt bei euren Fäden.



Gast
Neuling
Beiträge: 1
Permalink
Beitrag Re: Nachfrage zum coloradio-Interview
am 10.01.13, 21:52

Hallo hourglass,

ich nehme Bezug auf das von dir angesprochene Tucholsky-Zitat "Soldaten sind Mörder". Mal abgesehen davon, dass es aus einer Glosse stammt, wurde es von ihm 1931, zwei Jahr vor Beginn des zweiten Weltkrieg veröffentlicht. In diesem Lichte würde mich interessieren, ob du auch den alliierten Soldaten "niedrige Beweggründen" (denn dies scheint laut deutschen Recht eine Voraussetzung dafür zu sein, um vom Tatbestand des Mordes zu sprechen) bei der Befreiung vom Faschismus nachsagen willst?

Mich würde weiterhin interessieren, ob du dir, sollte dein wohlintendierter Wunsch nach Abschaffung der Bundeswehr wahr werden, eine alternative Organisation vorstellen könntest um so etwas wie Wehrhaftigkeit eines Staates zu gewährleisten. Oder bist du der Meinung, dass die Selbstverteidigung eines Staates ein überholtes Relikt aus alter "unzivilisierter" Zeit ist?

Seiten: [1]
Mingle Forum by cartpauj
Version: 1.0.34 ; Die Seite wurde geladen in: 0.036 Sekunden.