Gesprächsbereit

Das Projekt ist abgeschlossen und ähnlich wird jetzt diesem Forum ergehen. Vielen Dank für den Gedankenaustausch! Er war spannend und anregend. Falls es das Bedürfnis nach weiterer Diskussion über die Inhalte des Projektes gibt, dann nutzt doch bitte unser Kontaktformular.

 

Es war einmal: Diskutieren bis die Fingerkuppen glühen und die Tastatur brennt zu Themen wie

• Bundeswehr und ihre Imagekampagne als links-soziales Kunstprojekt
• Hands off the T 34!
• Über die Schwierigkeit vor sich und dem restlichen Handarbeitskreis moralisch integer zu bleiben, wenn Du vorne glatt links strickst und hinten dann doch immer nur rechte Maschen dabei rauskommen

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Autor Thema:Offener Brief - Auseinandersetzung mit dem Positionspapier Thema geschlossen


linet
Neuling
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Beitrag Offener Brief - Auseinandersetzung mit dem Positionspapier
am 10.01.13, 00:18

Vorbemerkung: Der folgende Text entstand als Diskussionsbeitrag, bevor die Entscheidung gefällt wurde, das Angebot des Militärhistorischen Museums anzunehmen, einen deutschen Leopardpanzer, statt einem sowjetischen T34, einzustricken. Die Kritik bleibt jedoch weiter zutreffend, da die Überlegung, einen anderes Modell zu wählen nicht von euch kam - eher mit höhnischen Bemerkungen kommentiert wurde -, sondern vom MHM ausging. (evtl. noch: Nichtsdestotrotz begrüßen wir diese Entscheidung, denn die direkte und indirekte Beteiligung Deutschlands an miltärischen Auseinandersetzungen in aller Welt 60 Jahre nach dem NS bleibt zu kritisieren. Wenn jetzt noch ein Datumswechsel folgt, könnten die Verstrickungen in deutsche Opfermythen ein Ende haben.)

Liebe Leute vom LSK,

danke, dass ihr uns euer Positionspapier zugeschickt habt. Dass ihr ihn auch öffentlich zur Verfügung stellt, zeigt, dass ihr versucht euch mit der Kritik ernsthaft auseinandersetzen.

Leider entgeht euch immer noch der eigentliche Punkt der Kritik, auf den ihr nicht eingeht und den ihr nicht zu sehen scheint oder nicht sehen wollt. Mit eurem Projekt betreibt ihr explizit Enthistorisierung – ignoriert also den historischen Zusammenhang, in dem ihr euch bewegt und auf den ihr euch gewollt oder ungewollt bezieht – und befindet euch damit in schöner Eintracht mit der Dresdner Gedenkkultur, auch wenn ihr das, wie ihr schreibt, eigentlich nicht wollt. Die Abgrenzung kann euch gar nicht gelingen, wenn ihr ein Symbol konstruiert aus verschiedenen Bestandteilen, die jeweils hochgradig mit Bedeutung aufgeladen sind - dabei aber diese Bedeutungen einfach ignoriert, was euch auch daran hindert, die Fragwürdigkeit, welche dem von euch entworfenen Symbol innewohnt, zu erkennen.

Dieses konstituiert sich aus drei wesentlichen Bestandteilen: dem sowjetischen Panzer, seiner Unschädlichmachung und dem 13. Februar.

Mit dem 13. Februar ist der historische Rahmen, denn um einen historischen Gedenktag handelt es sich hierbei, festgelegt: der Zweite Weltkrieg. Weiterhin verbindet sich damit eine hochgradig kontroverse Gedenkdiskussion, die bereits im Nationalsozialismus begann und vor allem mit dem angeblichen "Opfersein" der Dresdner_innen/deutschen Bevölkerung in unterschiedlicher Ausprägung verbunden ist.

Sowohl in diesem Gedenkdiskurs als auch bei euch wird der Grund für die Verteidigung und den Krieg gegen Deutschland weitgehend ausgeblendet - der von Deutschland ausgehende und explizit als solcher geführte Angriffs- und Vernichtungskrieg1. Hier liegen die Parallelen zwischen dem Panzer und den Fliegern/ Bomben, die ihr ja nicht einstricken wollt, um über den 13. Februar hinaus zu weisen und euch allgemein gegen Krieg und Gewalt einzusetzen. Das geht aber gehörig schief, wenn man diese Parallele nicht erkennt und nicht beachtet. Ja, der T-34 ist ein "gewaltvoller Gegenstand", aber indem ihr genau darauf abzielt und ein allgemeines Zeichen gegen den Krieg setzen wollt, verschließt ihr die Augen komplett davor, warum dieser Panzer eingesetzt werden musste, was dem voraus ging. Zahlen und Fakten zum Vernichtungskrieg finden sich zuhauf im Statement des "Bündnisses gegen Verstrickungen"2.

Gegen „das Einstricken eines Wehrmachtspanzers“ sprecht ihr euch aus, da das ein zu „einfaches Zeichen“3 setzen würde. Stattdessen bevorzugt ihr den T34, weil es damit möglich sei „inhaltlich weiterzugehen und nicht in der Vergangenheit stehen zu bleiben." Dass ihr aber durch die Datumswahl (13. Februar) in der Vergangenheit stehen bleiben müsst, entgeht euch, genauso wie die Tatsache, dass ihr bei der Auseinandersetzung mit Krieg allgemein durch die Wahl eines sowjetischen Panzers die Aufmerksamkeit von zeitgenössischen Problemen wie beispielsweise Rüstungsexporten oder Auslandseinsätzen der Bundeswehr verschiebt auf „die Anderen“. Eigene Verantwortung kann so ausgeblendet werden, die Schuld an Gewalt und Zerstörung wird außerhalb des Eigenen verortet.

Eingedenk derartiger Positionierungen bleibt im Verborgenen, ob sich mit dem „Schicksal der Juden und Jüdinnen und anderer vom Nationalsozialismus verfolgter Personengruppen“4 auseinandergesetzt wird. Der Eindruck entsteht, dass es sich dabei lediglich um Lippenbekenntnisse handelt, die legitimierend eingesetzt werden, denn in der Aktion zum Ausdruck kommt diese Auseinandersetzung nicht. Und ein fahler Beigeschmack bleibt angesichts der Veranstaltung „Die Kultur des Nicht-Erinnerns. Zur generationalen Weitergabe von Krieg“5, bei welcher Vertriebene auf dem Podium saßen, und die einer gesonderten Kritik bedürfte, die hier nicht geleistet werden kann. Wenn ihr dann schreibt:
"Auch gerade deshalb bietet sich das Projekt als eine Aktion zum 13. Februar an. Hier soll nicht das Leid der deutschen Zivilbevölkerung oder Dresdens im Mittelpunkt, sondern immer im Verhältnis zum Leid derer, die im Nationalsozialismus verfolgt und vernichtet wurden, stehen"6,
drängt sich die Vermutung auf, dass es bei diesem Insverhältnissetzen darum geht, mit schönen Worten Leid gegeneinander aufzuwiegen und wiederum wunderbar in die Dresdner Gedenkkultur zu passen, wie sie sich auch am Beispiel der Bußmannkapelle manifestiert. All dem ist gleich, dass Leid unabhängig vom geschichtlichen Zusammenhang, aus dem es resultierte, universalisiert wird. Geht es also nicht doch darum auch mal ein bisschen Opfer sein zu dürfen? In eurem Positionspapier schreibt ihr: „Einem platten Geschichtsrevisionismus soll im Projekt kein Raum geboten werden“7 - ein komplizierterer scheint aber in Ordnung zu sein.

"In der Zusammenarbeit mit dem Militärhistorischen Museum – und damit einer Einrichtung, die von der Bundeswehr finanziert wird – möchte der LKN e.V. nicht zur gesellschaftlichen Legitimation von militärischer, staatlicher Gewalt beitragen – im Gegenteil. Der staatlichen Institution, die für die Anwendung von Gewalt steht, wird ihr zivilgesellschaftlicher Gegenentwurf präsentiert."8 - Möchtet ihr nicht, tut ihr aber. Ihr haltet der Bundeswehr nicht den zivilgesellschaftlichen Gegenentwurf entgegen, sondern gebt ihr jede Möglichkeit sich selbst eine schöngestrickte Zivilgesellschaftsmaske überzuziehen. Eine notwendige Kritik an der derzeitigen Praxis ist schon allein durch die oben ausgeführte historische Verortung des Symbols verunmöglicht.

All diese Dinge stehen in eurem Text nebeneinander und ergeben ein gruseliges Bild von zumindest doch Unbedachtheit und Naivität in Bezug auf geschichts- und erinnerungspoltische Diskurse – oder eben von einem Pragmatismus und grenzenloser Beliebigkeit, mit dem dieses Projekt durchgezogen wird, wenn es sein muss auch auf Kosten jeglichen Inhalts. Das versucht ihr zu verstecken mittels des halbherzigen Versuchs Symbole umzudeuten und ihres eigentlichen Gehalts zu entkleiden. Auf diese Weise sollte es sowohl für GeschichtsrevisionistInnen als auch für die Gruppen in dieser Stadt, die endlich einfach nur mal ihren herbeiphantasierten Opferstatus in Ruhe ausleben wollen, kein Problem sein, euer Projekt für sich zu entdecken und zu benutzen. Dann sind alle glücklich, aber damit, ein antifaschistisches oder antimilitaristisches Zeichen zu setzen, hat das schon lange nichts mehr zu tun.

Wir sind damit nicht glücklich und werden euch weiterhin scharf für diese Aktion kritisieren. Die Notwendigkeit sich persönlich zu treffen, sehen wir zum derzeitigen Zeitpunkt nicht, da wir das Gefühl haben, dass unsere Kritik zwar angenommen wird, aber eine Auseinandersetzung damit nur insofern geschieht, dass ihr sie euch anhört, sich an eurer Aktion aber nichts ändert. Unserer Meinung nach ist Auseinandersetzung etwas ganz anderes, sie zieht nämlich Konsequenzen nach sich. So lange ihr aber weiterhin versucht, aus einer berechtigten Kritik Material für Lippenbekenntnisse zu ziehen und diese genauso zu absorbieren, wie ihr vom Militärhistorischen Museum und der herrschenden Dresdner Gedenkkultur integriert werdet, haben wir da einfach keinen Bock drauf.

Einzelpersonen aus dem Libertären Netzwerk

1 Diese Explizitheit zeigt sich beispielsweise in jenen Goebbelsreden, die eurer Meinung nach nicht zur „Diskussionskultur“ beitragen, in deren Zusammenhang aber der 13. Februar genauso wie der T34 gesehen werden muss (siehe dazu weiter: http://geflechtsbereit.louisenkombinaht.de/2012/11/das-bundnis-gegen-verstrickungen-prasentiert/ ).
2 Vgl. https://www.libertaeres-netzwerk.info/uploads/media/Flyer-Buendnis_gegen_Verstrickungen.jpeg
3 http://geflechtsbereit.louisenkombinaht.de/attacke/#positionspapier
4 Ebd.
5 Vgl. http://geflechtsbereit.louisenkombinaht.de/events/die-kultur-des-nicht-erinnerns-die-generationale-weitergabe-von-krieg/ und http://geflechtsbereit.louisenkombinaht.de/2012/11/bericht-zum-themenabend-am-19-november/
6 http://geflechtsbereit.louisenkombinaht.de/attacke/#positionspapier
7 Ebd.
8 Ebd.



Gast
Neuling
Beiträge: 1
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Beitrag Re: Offener Brief - Auseinandersetzung mit dem Positionspapier
am 10.01.13, 22:28

Wuha,

bevor ich mich inhaltlich zu diesem offenen Brief äußern kann, muss ich zunächst meine Bestürzung über die Art&Weise der Anfeindung mit dem Projekt kundtun. Wenn ihr davon sprecht, dass dem Projekt der eigentliche Punkt der Kritik entgeht, könnte dies u.U. daran liegen, dass ihr (wie ihr außerdem schreibt) keine Notwendigkeit zu einem persönlichen Treffen seht. (Mutig fand ich den Gesprächspartner vom libertären Netzwerk im coloradio-Beitrag vom 3.12.12 (http://geflechtsbereit.louisenkombinaht.de/presse/)). Ich hatte den Eindruck, dass die Organisatorinnen stehts für Kritik und Diskussion offen waren und sind. Sich gar aus diesen Grund für das Bild eines eingestrickten T-34 zum 13.Februar entschieden haben. Ihr werft nicht nur den Organisatorinnen des Projektes Naivität vor, sondern auch all denen, die bei der Interpretation
des Bildes von eurem Deutungsdogma abweichen.

Eure Kritikpunkte sind berechtigt, nachvollziehbar und diskussionswürdig, sie legitimieren allerdings nicht die Mittel mit denen ihr sie vortragt. Die linke Szene stand und steht für mich immer für Vielfalt, Diskurs und Auseinandersetzung. Mit euren Methoden verbreitet ihr allerdings Aggression&Angst, verhindert Auseinandersetzung, erzwingt Zensur und eine Art Meinungs-Gleichschaltung. Alles Punkte die ich eher mit anderen politischen Lagern verbinde.

Um mich inhaltliche mit Euren Punkten auseinander setzen zu können, muss ich mir erstmal einen Yogitee reinpfeifen um meinen Adrenalienspiegel wieder auf Normalniveau zu bringen.



lissan
Neuling
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Beitrag Re: Offener Brief - Auseinandersetzung mit dem Positionspapier
am 14.01.13, 20:59

bernd, du regst dich wirklich so auf, nur weil die linet-leute, einen offenen brief geschrieben haben? von den geflechtsbereit-leuten wurde doch auch ein öffentlich zugängliches positionspapier gepostet. darauf wurde ebenso schriftlich reagiert. wo ist der unterschied in der methode? und überhaupt: aggression & angst verbreiten mit einer offenen und sachlichen meinungsäußerung? meinungs-gleichschaltungs-vorwurf (jaja, das mit der gleichschaltung das waren doch eigentlich die nazis...), weil nicht das persönliche gespräch bevorzugt wurde? findest du das nicht etwas sehr weit hergeholt?

btw: ich kann das linet-papier nachvollziehen. wenn, wie du es machst bernd, der vorwurf geäußert wird, sie wollten ein deutungsdogma durchsetzen, dann fällt es schwer im anschluss der äußerung glauben zu schenken, die vorgebrachte kritik sei "berechtigt", "nachvollziehbar" und "diskussionswürdig". du erkennst den widerspruch? wie meinst du es denn nun?



Gast
Neuling
Beiträge: 1
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Beitrag Re: Offener Brief - Auseinandersetzung mit dem Positionspapier
am 15.01.13, 03:45

Mit Art&Weise beziehe ich mich nicht ausschliesslich auf den offenen Brief in diesem Thread. So wie ich das verstanden und auf der Seite gelesen habe, hat die Anfeindung mit einer Demonstration und versuchten Blockade einer Veranstaltung begonnen. Bei der Diskussionsrunde auf coloradio schien es mir, als wenn der Vertreter des Bündnisses gegen Verstrickung Diskussionsbereitschaft erklärt hatte. Dies beruhigte meinen Groll etwas. Dieser offene Brief zeigt allerdings, dass das Bündniss erst zur Diskussion bereit ist, wenn seinem Deutungsschema Folge geleistet wird. Was für eine Diskussionsgrundlage soll das sein? Was bedeutet es für die Meinungsfreiheit und linke Diskussionskultur, wenn jedes linke Projekt zunächst den Meinungs-TÜV des Bündnisses bestehen muss, bevor man über seine Positionen diskutieren kann.

Der Widerspruch erkenne ich nicht: Gerade weil die Kritikpunkte und die Deutung des Bündnisses diskussionswürdig sind, die Diskussion jedoch abgelehnt wird und somit eine alternative Deutung ausgeschlossen wird, handelt es sich meiner Meinung um ein Deutungsdogma.

Ich weigere mich rechte Deutungsmuster und ihre Allgemeingültigkeit zu übernehmen. Umso erschreckender, dass diese Allgemeingültigkeit von Interpretationen mittlerweile in der linken Szene angekommen ist und so Auseinandersetzung und differenziertere Wahrnehmung tötet.



Bernd
Neuling
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Beitrag Re: Offener Brief - Auseinandersetzung mit dem Positionspapier
am 15.01.13, 03:49

...und ausserdem ist es schonwieder viel zu spät und mein Kommentar ein einziges Rechtschreibe- und Grammatik-Massaker. 6 setzen!



Clochard
Neuling
Beiträge: 1
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Beitrag Re: Offener Brief - Auseinandersetzung mit dem Positionspapier
am 22.01.13, 00:24

Bezüglich der Wahl der Methoden möchte ich Bernd zustimmen. Mag es durchaus legitim sein einen 6000 Teilnehmende zählenden Naziaufmarsch durch Blockaden und Lärm zu stören und zu vehindern, finde ich diese Vorgehensweise für einen Stricknachmittag an dem sich Seniorinnen, Senioren, Schülerinnen und Schüler zur Auseinandersetzung mit Erinnerungskultur treffen, ein wenig überzogen. Die Diskussionsrunde am Ende der Veranstaltung stellte (ganz zu schweigen vom Einspielen von Göbbelsreden während der Vorträge) dann eher ein Beispiel für mangelnde Kompetenz bezüglich Diskussionskultur dar. Ich habe definitiv nichts gegen heftige Disskussionen aber das Aggressions- und Anfeindungspotential, welches durch die Kommentierenden präsentiert wurde (unterstützt durch die im Vorfeld aufgebaute Drohkulisse), wirkten nicht nur auf mich erschreckend und verhinderten jegliche differenzierte Auseinandersetzung.



Hanna
Neuling
Beiträge: 1
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Beitrag Re: Offener Brief - Auseinandersetzung mit dem Positionspapier
am 25.01.13, 13:47

Liebe Alle,

ich muss sagen ich kann Bernd irgendwie verstehen, was seine Reaktion auf die Antwort von linet angeht. Einzelpersonen entscheiden, wie das Projekt zu deuten ist und andere Meinungen werden nicht zugelassen. Es werden Forderungen gestellt und die Leute vom LKN haben zu gehorchen.
Sie haben einfach nur das zu tun, was Einzelpersonen des linet für richtig halten, davor wird nicht mit Ihnen gesprochen. Das ist nicht die Art von Diskurs den ich mir für eine Gesellschaft wünsche.
Ich finde das Projekt mutig und wie ich es verstehe geht es auch genau darum, durch ein übergeordnetes Zeichen, am 13. Februar von der Bombardierung weg zu kommen.
Ich kann die inhaltliche Kritik des linets am Umgang mit dem 13.Februar gut verstehen, aber ich sehen nicht inwiefern sie auf das Projekt noch zutreffen, insbesondere seit dem ein Leopard 1 eingestrickt wird.



Kristina
Moderator
Beiträge: 1
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Beitrag Re: Offener Brief - Auseinandersetzung mit dem Positionspapier
am 6.02.13, 21:12

Liebe Einzelpersonen,

vielen Dank für Euren Brief. Er thematisiert unterschiedliche Aspekte, auf die wir aus zeitlichen Gründen gerade nicht alle eingehen können. Deswegen widmen wir uns an dieser Stelle folgendem Thema:

13. Februar

Sicherlich, es gibt in Deutschland jede Menge Jahrestage, die ein Projekt gegen Krieg und Gewalt wert wären. Leider scheint die Mehrheit der deutschen Bevölkerung zum Beispiel das Datum des 01.09. oder des 08.05. nicht groß zu bewegen. Generell scheint Menschen wenig zu bewegen - außer die eigene Betroffenheit. Diese Betroffenheit ist in Dresden zum 13.02. weiterhin sehr präsent, auch - völlig klar - weil sie auf einem Opfermythos basiert, an dem jahrzehntelange gebastelt und fortgeschrieben wurde und dessen Ursprünge in der NS-Propaganda liegen (Goebbels Beitrag zum Opfermythos Dresdens war bereits Gegenstand der Diskussion in unserer Themenreihe am 29.10.:http://geflechtsbereit.louisenkombinaht.de/events/die-kultivierung-der-erinnerung-dresden-im-vergleich).
Glücklicherweise haben wir erfahren, dass es allerdings eine Menge Dresdner_innen gibt, die eine andere Ausdrucksform und Beschäftigung mit dem Thema wünschen als z.B. für 10 Minuten an einer Menschenkette teilzunehmen und den Opfer der Bombardierung zu gedenken. Mit unserem Projekt wollen wir die Energie, die aus dieser persönlicher Betroffenheit heraus entsteht, nutzen, um in und mit einer Gemeinschaft von Menschen ein Objekt, ein Symbol schaffen und einen Prozess anstoßen,der nicht nur beim eigenen Schicksal stehenbleibt. Damit dieser Prozess weitergeht und nicht nur eine rein äußerliche Angelegenheit bleibt, bedarf es nach unserer Erfahrung der freundlichen, aber konsequenten Auseinandersetzung mit bestimmten Positionen und Einstellungen. Diese Veränderung im Denken und Handeln von Menschen ist möglich. Sie ist unserer Erfahrung nach allerdings nicht wahrscheinlich, wenn Menschen mit einer Kritik konfrontiert werden, die sie für dumm, naiv und geschichtsrevisionistisch erklärt.
Wir wollen gerne, dass sich der Umgang der Dresdner_innen mit dem Datum des 13 Februar ändert und nicht beim Leid der deutschen Zivilbevölkerung stehenbleibt - und dieses Projekt ist unser Beitrag dazu. Andere Initiativen wählen eben einen anderen.

Wir haben in den vielfältigen Reaktionen auf das Projekt nicht erlebt, dass sich die in Dresden lebenden Menschen und/oder unsere Strickenden durch unser Projekt im Fortschreiben von Opfermythen bestärkt fühlen. Dass für Euch die inhaltliche Ausrichtung und Arbeit, die wir in diesem Projekt leisten, reine Lippenbekenntnisse sind, ja sein müssen, ist auch klar, schließlich nehmt ihr ja nicht am Projekt teil. Eure Perspektive und die daraus erwachsende Kritik kann damit nur eine bleiben, die die Ober- oder Außenfläche betrifft, aber die mit den Prozessen innerhalb des Strickkreises und Diskussionen anderen gesellschaftlicher Gruppen, die uns erreichen, wenig zu tun hat.

Noch eine Anmerkung zur vorgeworfenen Naivität, Willkür oder Pragmatismus im Umdeuten von Symbolen: ihr habt vollkommen Recht, der 13. Februar ist ein Tag, der voller aufgeladener Symbole steckt, um dessen Recht auf Interpretationshoheit seit Jahren oder Jahrzehnten von den unterschiedlichen politischen Gruppen mit großer Vehemenz gestritten wird. Mit unserem Projekt wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dass sich diese fest gefahrenen Sichtweisen ändern oder zumindest auflockern lassen, so dass auch andere Interpretationen wieder möglich werden (z.B. den 13.02. nicht als Tag der Zerstörung, sondern für die NS-Verfolgten als ein Schritt auf dem Weg zur Befreiung zu begreifen,....).Interpretationsspielräume zu eröffnen war und ist ein wichtiges Ziel dieses Projektes und Euer Vorwurf bzgl. unserer Naivität kann hier gelten: die Vehemenz und Heftigkeit mit diese Interpretationsspielräume negiert werden hat uns ein Stück weit überrascht. Trotzdem: wir scheuen die Auseinandersetzung nicht, nicht mit Zeitzeug_innen, die in der Vergangenheit leben und auch nicht mit politischen Gruppen, die uns Geschichtsrevisionismus und Dummheit unterstellen.



Lene
Neuling
Beiträge: 1
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Beitrag Re: Offener Brief - Auseinandersetzung mit dem Positionspapier
am 6.02.13, 21:28

Amüsant, dass das libertäre Netzwerk dem Louisen Kobi Naht "Lippenbekenntnisse" und mangelnde Auseinandersetzung mit Kritik vorwirft. Liest man den oben veröffentlichten Brief mit der Vorbemerkung zu dem bereits geänderten Panzermodell, scheint sich vielmehr das libertäre Netzwerk in Widersprüche zu verstricken und lediglich Lippenbekenntnisse zu leisten. "Die Kritik bleibt jedoch weiter zutreffend, da die Überlegung, ein anderes Modell zu wählen nicht von euch kam." ... - was ist das für eine Begründung für anhaltende Kritik? Oder ging es dem Netzwerk am Ende doch nicht um ein bestimmtes Panzermodell? Der Wechsel wird vorab begrüßt – immerhin – und dann bezieht sich der lange Text doch wieder auf den T34… Wenn es nur um rein inhaltliche Punkte gegangen wäre, hätten große Teile des offenen Briefes gar nicht mehr geschrieben/veröffentlicht werden müssen - da sie durch die veränderte Wahl des Panzers bereits überflüssig geworden sind. - Fragt sich also, wer wirklich zur Auseinandersetzung und zum Dialog bereit ist, und wer stur auf seinen Positionen beharrt.
Was die „Verstrickungen in deutsche Opfermythen“ angeht, so ist das sicherlich eine Interpretation, es gibt jedoch auch noch andere Interpretationen des Strickprojektes – wie beispielsweise: ein Bild für das Bewusstsein, selbst als DresdnerIn oder auch als DeutscheR tief in die eigene Geschichte verstrickt zu sein. Dann wiederum kann die zeitliche Nähe zum 13. Februar ganz anderes gedeutet werden. Da geht es eher um Fragen der eigenen Schuld und Verantwortung.

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